Lexikon-Eintrag: Corporate Wording®
Quelle: Lexikon der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Lehr- und Handbücher der Kommunikationswissenschaft
hrsg. von Detlef Jürgen Brauner, 2001, Oldenbourg Wissenschaftsverlag
Zielsetzung
Das Wording steht für Sprachstil, Wortlaut und Textfassung. Das Kommunikationsmaterial, von der Werbung bis zum Formular, sollte von einheitlicher Qualität sein und in ihrem Charakter die gesamte Organisation mit ihren Zielen glaubhaft und eindeutig widerspiegeln. Während ein Design-Manual die visuelle Identität definiert, legt Corporate Wording die sprachliche Identität fest. Das Konzept unterscheidet zwischen Richtlinien und Empfehlungen. Richtlinien legen zum Beispiel die Hausorthografie und das Sprachklima fest (zum Beispiel sachlicher, konservativer, progressiver oder emotionaler Stil, bzw. Mischformen). Empfehlungen sind mit den Menüvorschlägen einer Speisekarte vergleichbar, aus denen die Mitarbeitenden aus einer Küche wählen können. Der Umgang mit der Sprache soll einerseits sensibilisiert werden, andererseits soll die sprachliche Authentizität eines jeden Mitarbeitenden gefördert werden.
Zielgruppen
Corporate Wording orientiert sich am Leitbild und am Reaktionsverhalten der Zielgruppen. Nicht die soziodemografischen Merkmale, sondern die typologischen Verhaltensmuster und Wertvorstellungen finden in dem strategischen Modell Berücksichtigung. Es besteht aus vier farbigen Feldern, die sich in ihren Proportionen je nach Positionierung und Zielgruppe voneinander unterscheiden. Der ‚Wording-Kompass‘ ermittelt durch Mitarbeiter- und Kundenbefragungen das zu forcierende Sprachklima.
Identität durch Sprachklima
Sprachklima und angesprochene Wording Zielgruppen:
- nüchtern / Rationale (blau)
- traditionell / Konservative (grün)
- progressiv / Impulsive (gelb)
- emotional / Emotionale (rot)
Das Ergebnis wird auf den vier Farbflächen projiziert und ist zu den bekannten Studien und Typologien kompatibel. Unternehmen, Märkte und Kunden lassen sich so definieren. Beispiel:
Farbenwörterbuch
Farben führen assoziativ zu Wörtern (z. B. Rot: Blut, Liebe, Herz usw.), Wörter führen wiederum zu Farben (z. B. Sonne: gelb, rot, orange). Vier Farben definieren vier Funktionen der Sprache.
Funktion, Inhalt und Farbe:
- Information – Zahlen (blau)
- Obligation – Garantie (grün)
- Erlebnis – Ideen (gelb)
- Kontakt – Sympathie (rot)
Der Rotstift hat mit diesem Modell Geschwister bekommen. Mit vier Wording-Farbstiften ist die subjektive Beurteilung der Wirkung von Wörtern möglich. Das bunte Spektrum der Sprache wird sichtbar. Ein simples Instrument, welches das eigene Sprachklima und das der Wettbewerber visualisiert.
Adjektive stimulieren emotional, während Substantive und Verben mehr bildliche Assoziationen auslösen. In der Wording-Datenbank sind über 5.000 Adjektive den vier Wording-Farben zugeordnet. Beispiele:
- blau: differenziert, exakt, erfrischend genau, rein
- grün: anerkannt, beständig, erfahren, geordnet, korrekt
- gelb: aktiv, bunt, frech, impulsiv, quirlig
- rot: abgerundet, angenehm, gemütlich, hilfsbereit, nah
Kernkompetenzen
Damit sich die Unternehmens-, Fachund Produktkompetenz in allen Medien kurz, verständlich und im durchgängigen Sprachklima wiederfindet, werden diese im Wording-Manual festgeschrieben. Abhängig von den forcierten Sprachklimas werden die Kompetenzen in die jeweiligen Wording-Farben „übersetzt“.
Neue Briefkultur
Jeder Brief ist sprachlicher Ausdruck von Identität und Qualität seines Absenders. In der „Neuen Briefkultur mit Corporate Wording“ soll niemand mehr beiliegend sehr geehrt in Erwartung entgegensehen und auch nirgends verbleiben.
Mindeststandards und Formulierungshilfen sollen Mitarbeiter zu neuem Schreibvergnügen anleiten und sprachliche Individualität fördern. Textbausteine – jeweils in vier Sprachstile (von sachlich, konservativ, inspirierend bis emotional) übersetzt, geben in der Textverarbeitung Hilfestellung. Beispiel:
- blau: Ihre Kritik hat Erfolg. Hier ist die Korrektur.
- grün: Ihre Bedenken haben Sie uns geschildert. Sie halten das neu strukturierte Konzept in Ihren Händen.
- gelb: Ihre Einwände sind Grund genug, alles auf den Kopf zu stellen. Sehen Sie selbst …
- rot: Ihre Sorgen können wir gut nachempfinden. Gerne haben wir die Inhalte Ihren Wünschen angepasst.
Wegeleitsystem
Jede Organisation sollte sich als modernes, kundenorientiertes Unternehmen präsentieren und sich am Bedürfnis seiner Besucherinnen und Besucher orientieren. Parkschilder, Wegehinweise, Bürobeschilderung, Beschriftung der Besucherräume etc. sollten aussagekräftig in kurzen, bildhaften Substantiven getextet werden. Ein Farbcode führt den Besucher durch das Gebäude. Beispiel AMS ArbeitsMarktService, Österreich:
Service für …
- Arbeitsuchende = rot
- Arbeitgeber = blau
- Versicherungen = grün
- Berufsinformationen = gelb
Wording-Projekte
Problemlösung durch Gruppenarbeit, kooperativ, kreativ, integrativ. Aus dem Problemberg Unternehmenssprache werden kleine Maulwurfshügel geformt. Im Team verknüpfen sich die Fähigkeiten der Einzelnen zu einer Gesamtleistung. Wording-Teams bestehen aus drei bis zwölf Mitgliedern, die innerhalb einer Organisation unter gleichen Gesamtzielen kontinuierlich, in definierten Grenzen, sich selbst steuern.
Hans-Peter Förster
Lit.:
H.-P Förster, Corporate Wording, Campus Verlag, Frankfurt, 1994;
H.-P Förster, Neue Briefkultur mit Corporate Wording, Campus Verlag, Frankfurt, 1999.